Computer-NostalgieAMD K6-2 Prozessor, 1999
| November 2014 (Update1)

Steinzeit-Benchmarks auf aktuellem Linux-System mit Wine
Sogenannte Benchmark-Programme sollen die Leistungsfähigkeit von Computern messen. In diesem Artikel werden einige „Steinzeit-Benchmarks“ – also alte Programme von Ende der 90er Jahre und Anfang der 0er Jahre getestet

Das Testsystem ist ein relativ aktueller Desktop-Rechner ohne besondere oder professionelle Hardware. Die getesteten Benchmarkprogramme wurden zwischen 1992 und 2004 veröffentlicht.
Dieser Test sollte als ironische Nostalgie verstanden werden. Weder passen die Benchmarks zu meinem System, noch zumeinem Betriebssystem (Linux). Die gemessene Leistung des Systems hängt hier also auch von der Leistungsfähigkeit des Windos-Emulators Wine („Wine is not an emulator“) ab.
Dies sind also die technischen Daten des Testrechners. Darunter folgen die Testergebnisse.

Betriebsystem Debian Stable (Wheezy) mit KDE-Desktop
(Kernel Linux 3.2.0-4-686-pae)
„Windows“ Wine Windows API (1.4.1-4)
Prozessor AMD Phenom X6 1045t (2,7 Ghz pro Kern)
Grafikkarte Nvidia GeForce GT 240
Arbeitsspeicher 8GB DDR3-1333 (Dual Channel)
Festplatte Samsung SSD 840 Evo

Tabelle 1: Informationen zum Testsystem


Zunächst einige Bildschirmphotos des Programms SiSoft Sandra 1998 und 1999. Die Programme gleichen sich im Großen und Ganzen. Natürlich merkt das Programm nicht, daß es unter Linux läuft – Windows NT 5 wird erkannt:

Abbildungen 1: SiSoft Sandra Benchmarks

An der CPU-Leistung kann man gut ablesen, wie stark die Entwicklung in etwa 13-15 Jahren vorangeschritten ist. Damals war der schnellste Rechner für Endkunden ein Intel Pentium II mit 400 Mhz. Mein Mittelklasse-Prozessor von 2012 liegt in der Leistung um das 13fache höher. Beim FPU-Test erweist sich der aktuelle Prozessor immer noch als etwa 7 Mal so schnell. Der 500-Mhz-Pentium von 1999 schneidet etwas aber unwesentlich besser ab. Beim sogenannten Multimedia-Test schneiden die Ur-Prozessoren etwas besser ab und bringen etwa ein Sechstel der Leistung des aktuellen Prozessors. Die Grafik rechts in der Mitte („reale CPU-Auslastung“) zeigt jedoch, daß nur einer von sechs CPU-Kerne (Cores) meines Rechners beim Benchmark-Test ausgelastet ist (siehe der Ausschlag der blauen und gelben Linien in der CPU-Chronik). Dies liegt natürlich daran, daß zur Entwicklungszeit dieser Benchmarkprogramme Mehrkernprozessoren noch nicht entwickelt waren – zumindest nicht für den Consumerbereich. Insofern sind die Werte entsprechend in Perspektive zu setzen, bzw. mit sechs zu multiplizieren. Beim Speicher/Ram-Test spielt der Rechner dann seine Überlegenheit richtig aus, zumal es hier scheinbar nicht auf die Anzahl der CPU-Kerne ankommt. Die Testwerte meines Rechners zeigen an, daß er hier knapp 20-mal so schnell arbeitet wie der alte Vergleichsrechner.
Etwas absurd stellt sich der CD-Rom-Test dar. Hier muß sich mein aktuelles Blu-Ray-Laufwerk von LG (mit einer Toomb Raider 3 CD) dem Testsystem von 1999 geschlagen geben :(.

Neben den etwas schnöden Balkendiagrammen habe ich auch einen legendären 3D-Benchmark angeworfen, namens 3D-Mark 2000. Ein Benchmarkprogramm, aus den Zeiten, in denen noch eine gewisse Euphorie über aktuelle Entwicklungen im Bereich von Grafikkarten zu verspüren war. Der Test 3D-Mark 99 ließ sich mit dem Hinweis, DirectX 6 sei nicht installiert, nicht starten.

Abbildungen 2: 3D-Mark 2000

3D-Mark zeigt sich mit hübschen Animationen von seiner besten Seite. Alles funktioniert einwandfrei unter Wine. Das Benchmark-Ergebnis von 14.667 Punkten dürfte in Anbetracht meiner sehr günstigen Grafikkarte, auch für damalige Verhältnisse kein Spitzenwert sein (wobei meine CPU hier auch nur auf einem Core läuft).
Im Vergleich zu Systemen von damals schneidet mein Rechner ganz gut ab, wenngleich er gegen stärkere Gamer-PCs mit über 60.000 Punkten keine Chance hat. Man kann solche Systeme eigentlich nicht verlgeichen. Meine Grafikkarte ist so schwach, daß sie nicht einmal über einen Lüfter verfügt.
Apropops Hitzeentwicklung – das waren noch Zeiten, in denen das Herumexperimentieren mit PC-Hardware „cool“ war. Ich habe gerade in meinen alten Emails von 1999 geschaut da schrieb ich an einen Freund:

Mein 1999  aktueller Prozessor*

„Ich habe auch übertacktet. Auf 500 Mhz [Amd K6-II mit 450 Mhz]. Ging gut bis ich die Voltzahl um 0,4 hochstellte (Hitzeentwicklung max. 42°C) 3d mark 2654 [hier wird Version 99 gemeint sein] Inzwischen hab ich den PC aber wieder auf 475 Mhz zurückgestellt. (max. Hitzeentwicklung 36°C). Die Arbeitsgeschwindigkeit ist nicht sonderlich verändert.“

Auch das Programm Aida32 aus dem Jahr 2002 erkennt mein System als Windows. Ansonsten fällt der große Geschwindigkeitszuwachs in der Ergebnisliste im Vergleich zu den Tests der 1999er Programme auf.

Abbildungen 3: Weitere Benchmarks

Das Programm CPUMark 99 spuckt die Zahl 431 aus. Auch dies gilt für die Single-Core-Leistung. Laut Tabelle ist diese Leistung dann vergleichbar mit der Kern-Leistung des etwas betagten Dual-Core Prozessors Xenon 5160 von 2006.
Das Testprogramm wintune 97 spuckt lustige Grafiken aus. Auch lustig sind die Ergebnisse des DOS-Benchmarks „Chris‘ 3d Benchmark“ (1996), des graphisch häßlich popelgrünen SpeedRate sowie des „Flash Bench Real3d“ (2000). Ein Benchmark aus der Frühzeit von Flash, dessen Lebensphase ja inzwischen langsam ausläuft.
Das Windows-Programm PhotoStone 1.1. aus dem Jahr 1992 lädt in wilder und zufälliger Reihenfolge Photos, neben- und übereinander. Der Benchmark auf meinem System beträgt 157,67 megapixel pro Sekunde. Die CPU-Auslastung beträgt auf einem von sechs Cores dabei maximal 16%. So richtig optimiert für aktuelle System scheint das Programm 23 Jahre später also nicht 😐

Abbildungen 4: Skurrile Benchmarks für Dos und frühe Flash-Versionen
Diese Tests haben eher einen Unterhaltungscharakter, als daß sie etwas über die tatsächliche Leistungsfähigkeit meines Rechners aussagen. Einmal, da die Verlgeichswerte fehlen und zum anderen, da sie mit dem Dos-Emulator Dosbox ermittelt wurden.

Das gleiche gilt für das letzte hier vorgestellte Programm Crystalmark aus dem Jahr 2004. Es besticht neben den sachlichen Zahleninformationen durch geradezu popartige Grafikkunstwerke:

Abbildungen 5: Ergebnisse des „Crystalmark“, WinSock und WinTach

Etwas biederer kommen WinSock und WinTach aus den Jahren 1992 und 1993 daher. Sie waren seinerzeit für Windows 3.0 bzw. Windows 3.1 geschrieben worden und sind offenbar mit moderner Hardware aus dem Jahr 2014 überfordert.
Das Programm WinSock gibt sich überzeugt, mein PC habe einen 486er Prozessor mit 25 Mhz (es sind tatsächlich 2,7 Ghz mit 6 Cores). Knapp daneben – aber schön, daß Wine auch Programme für Windows 3.1 anstandslos ausführt. WinSock ist außerdem von der Leistung meiner CPU nicht überzeugt. Es scheint sie aber auch gar nicht zu messen, sondern stellt einfach nur die erkannte Megaherzzahl dar: 25. Umsomehr überzeugt ist das Programm von meiner Grafikkartenleistung: Top! 9999 Punkte – ebenso der Wert für meine Festplattengeschwindigkeit. Die Geschwindigkeit meines Arbeitsspeichers findet das Programm wiederum aber zu langsam: 11 Punkte. Interessanterweise nennt das Programm gar nicht meine vorhandenen 8GB Arbeitsspeicher, sondern erkennt nur die 640 KB „Base Memory“, die damals relevant war, als man noch unter DOS spielte…
Das Programm WinTach erkennt immerhin meine Bildschirmauflösung richtig. Es mißt die CAD- und Office-Geschwindigkeit. Da ich keine Vergleichswerte habe, kann ich mit dem Ergebnis wenig anfangen. Die CPU-Leistung steigt auf dem Höhepunkt des Tests aber auch nur auf einem Core auf magere 17%. Erkannt wird auch hier ein 486er Prozessor.

Fazit: So, nun ist der Nostalgieanfall vorüber und ich habe meine Retro-Spielwut für die nächsten 10 Jahre wieder gestillt. Ich hoffe, dieser kurze Blick in die Computervergangenheit hat gefallen. Falls Ihr selbst erwähnenswerte Retro-Benchmarkprogramme kennt, schreibt diese gerne in den Kommentarbereich!

Quelle für die von mir verfremdete CPU-Grafik: Edvinas von Wikimedia.org unter Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported Lizenz.

01. November 2015: Update des Artikels um das Programm um einige „neue“ Benchmarks.

4 Antworten auf Steinzeit-Benchmarks

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